Das Tanzcorps der StattGarde Colonia Ahoj e.V. in der Lachenden Kölnarena (Foto: IMAGO / Future Image)

Miljö in der soköln.-Redaktion: Die Band entscheidet, welche Themen ihr lest. Die Diversität im Karneval liegt den fünf Jungs besonders am Herzen. Aber wo findet man die in Köln – wo doch der traditionelle Karneval nach wie vor von Männern dominiert wird? Diese Sitzungen und Vereine machen es vor.

Im Überblick:

  • In Köln gibt es verschiedene Karnevalssitzungen, die einen wichtigen Beitrag zur Förderung von Inklusion und Diversität im Kölner Karneval leisten.
  • Darunter die Immisitzung, die das multikulturelle Leben in Köln mit all seinen Facetten auf die Bühne bringt, oder der Verein "Kölsche Kippa Köpp", der die jüdische Karnevalstradition in Köln wiederbelebt hat.
  • Die SBK Sitzung der Roten Funken für Menschen mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen ist ein weiteres Highlight im Sessionskalender.

Immisitzung

Das Kölner Brauchtum soll eine multikulturelle Facette bekommen. Das Ziel hatten 2010 insgesamt 15 Künstler*innen aus aller Welt – und so gründeten sie die Immisitzung. "Das Multi-Kulti-Leben hierzulande bringt Spannungen und Konflikte ebenso wie lustige und aberwitzige Situationen mit sich", schreiben sie auf ihrer Website. Und all das soll auf die Bühne gebracht werden.

  • Die Immisitzung findet jedes Jahr an mehreren Tagen im Bürgerhaus Stollwerk statt – und dieses Jahr einmal in der Stadthalle Köln-Mülheim.
  • Das dreistündige Programm beschäftigt sich mit gesellschaftlichen Themen und dem Kölner Karneval aus Sicht der Zugezogenen.
  • Es ist eine Mischung aus Kabarett, Varieté, Comedy, Satire und Stand-Up.

Kölsche Kippa Köpp e.v. vun 2017

Der damalige jüdische Karnevalsverein "Kleiner Kölner Klub" wurde 1922 als einziger jüdischer Karnevalsverein ins Leben gerufen. Während des zweiten Weltkriegs wurde dieser durch das Naziregime eingestellt – die Mitglieder*innen verfolgt und umgebracht, einige konnten ins Ausland fliehen. Der Verein "Kölsche Kippa Köpp e.V." (KKK) will an die frühere jüdische Karnevalstradition anknüpfen.

  • "Die 'Kölsche Kippa Köpp' wollen deutlich machen, dass jüdische Kölner immer Teil des vielfältigen karnevalistischen Lebens in unserer Stadt waren und dazu beitragen, den Karneval wieder stärker in die jüdische Gemeinschaft zu tragen", so Präsident Aaron Knappstein auf der Website des Vereins.
  • Viele Mitglieder sind auch in anderen Kölner Karnevalsgesellschaften aktiv – alle vier Vorstandsmitglieder gehören zum Beispiel den Blauen Funken, der StattGarde Colonia oder der K.G. Alt-Köllen an.

StattGarde Colonia Ahoj e.V.

Die StattGarde Colonia Ahoi wurde 2003 von nur zwölf Mitgliedern gegründet. Die Garde entwickelte sich rasant und wurde bereits 2008 als förderndes Mitglied ins Festkomitee des Kölner Karnevals aufgenommen. Die "Crew" der StattGarde trägt maritime Uniformen und gliedert sich in fünf "Beiboote": Stammboot, Tanzkorps, Shanty-Chor, Bordkapelle und Sonnendeck.

  • Und dabei ist die StattGarde kein klassischer Karnevalsverein: Die Mehrheit der aktiven Mitglieder besteht aus homosexuellen Männern.
  • Die Garde nimmt regelmäßig am Kölner Rosenmontagszug teil, hat über 100 Bühnenauftritte pro Session und ist – außerhalb von Karneval – jährlich Teil der Cologne Pride.
  • Seit 2010 werden auch ehemalige Jungfrauen des Karnevals als Ehrenmitglieder*innen an Bord des Ursula-Böötchens eingeladen.

Schnittchensitzung

Die Schnittchensitzung ist eine lesbische Karnevalssitzung mit weiblichem Dreigestirn. Im Verein "Die Schnittchen – mehr als Karneval e.V." wird die lesbisch-karnevalistische Brauchtumspflege seit 2014 gemeinnützig betrieben. Nach einer einjährigen Pause wurde die Rückkehr der Schnittchensitzung 2024 in Köln-Nippes gefeiert und setzte dabei ein deutliches feministisches Zeichen.

  • Unter dem Motto "Speck ist nur ein Gewürz" präsentierte die Veranstaltung ein Programm inklusive Satire, Humor und Empowerment. Kritisiert wird darin unter anderem der Druck, der durch Schönheitsideale auf junge Mädchen ausgeübt wird.
  • Gefeiert wird mit einem weiblichen Dreigestirn – das es so im Kölner Karneval eine ziemliche Rarität ist.
  • Die Schnittchensitzung war an allen fünf Terminen ausverkauft.

SBK Sitzung der Roten Funken

Eine sehr besondere Sitzung in jeder Karnevalssession ist die SBK Sitzung. Denn: Sie ist speziell Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung gewidmet. Musiker*innen und Bands treten hier meist ohne Gage auf. Dieses Jahr dabei waren etwa Klüngelköpp, Miljö, Marita Köllner und Kasalla.

  • Veranstaltet wird die SBK Sitzung vom Kölsche Funke rut-wieß vun 1823 e.V., besser bekannt als die Roten Funken, und den Sozial Betrieben Köln. Sie übernehmen die Kosten, die für die Veranstaltung anfallen.
  • In der Stadthalle Köln-Mülheim versammelten sich in diesem Jahr etwa 600 Gäste.
  • Ein besonderes Lob galt Thomas Erren – durch seine Initiative, etwa 1000 Orden zu sammeln, konnte jedem Gast zur Begrüßung ein Orden überreicht werden.

Blindensitzung

Sie ist ein fester Bestandteil der Karnevalssession: Die Blindensitzung der Karnevalsvereinigung Muuzemändelcher. Es ist nicht die größte und nicht die lauteste, aber eine der wichtigsten Sitzungen. Denn: Sie soll den Karneval für sehbehinderte Menschen "sichtbar" machen. Deswegen nehmen sich das Kölner Dreigestirn und das Kölner Kinderdreigestirn hier jedes Jahr besonders viel Zeit – sie beantworten Fragen, beschreiben jede Facette ihrer Ornate und lassen sich sogar abtasten.

  • Die 69. Blindensitzung fand am Dienstag, 23. Januar, im Ostermannsaal der Sartory Säle statt.
  • Neben den beiden Kölner Dreigestirnen standen hier auch eine Tanzgruppe, Redner, Sänger und das Traditionskorps KG Treuer Husar Blau-Gelb auf der Bühne.
Blindensitzung Dreigestirn zum Anfassen
Die sehbehinderten Jecken dürfen die Ornate des Dreigestirns abtasten. (Foto: Festkomitee Kölner Karneval)

Fazit:

All diese Sitzungen leisten einen wichtigen Beitrag zur Inklusion und Diversität im Kölner Karneval. Sie gehen mit dem Beispiel voran, dass kein Mensch aufgrund seines Geschlechts, seiner sexuellen Orientierung, seiner Herkunft oder seiner physischen sowie psychischen Verfassung ausgeschlossen werden sollte.

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